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pp. 196-213
Nah verwandt mit dem Psychologismus, dessen Widerlegung uns bisher beschäftigt hat, ist eine andere Form empiristischer Begründung der Logik und Erkenntnistheorie, welche in den letzten Jahren in besonderem Maße Ausbreitung gewinnt: nämlich die biologische Begründung dieser Disziplinen mittels des
Prinzips vom kleinsten Kraftmaß, wie Avenarius, oder des Prinzips von der Ökonomie des Denkens, wie Mach es nennt. Daß diese neue Richtung schließlich wieder in einen Psychologismus einmündet, tritt am deutlichsten in der "Psychologie" von Cornelius hervor. In diesem Werke wird das fragliche Prinzip
ausdrücklich als "Grundgesetz des Verstandes" und zugleich als ein "allgemeines psychologisches Grundgesetz"
Es will mir scheinen, daß in diesen denkökonomischen Theorien wohlberechtigte und in passender Beschränkung sehr fruchtbare Gedanken eine Wendung erhalten, die im Falle allgemeiner Annahme, den Verderb aller echten Logik und Erkenntnistheorie auf der einen und der Psychologie auf der andern Seite bedeuten
würde.
Wir erörtern zunächst den Charakter des Avenarius-Mach-schen Prinzips als eines teleologischen Anpassungsprinzips;
sche Anthropologie und für die praktische Wissenschaftslehre; zum Schluß erweisen wir seine Unfähigkeit, für eine Begründung der Psychologie und vor allem der reinen Logik und Erkenntnistheorie irgendwelche Beihilfe zu leisten.
Wie immer das Prinzip ausgesprochen werden mag, es hat den Charakter eines Entwicklungs- bzw. Anpassungsprinzips, es betrifft die Auffassung der Wissenschaft als möglichst zweckmäßiger
(ökonomischer, kraftersparender) Anpassung der Gedanken an die verschiedenen Erscheinungsgebiete.
Avenarius faßt das Prinzip im Vorwort seiner Habilitationsschrift
lichst geringe." Es heißt aber bald darauf: "Insofern aber die Seele den Bedingungen organischer Existenz und deren Zweckmäßigkeitsanforderungen unterworfen ist, wird das angezogene Prinzip zu einem Prinzip der Entwicklung: Die Seele verwendet zu einer Apperzeption nicht mehr Kraft als nötig und gibt bei einer Mehrheit mög
licher Apperzeptionen derjenigen den Vorzug, welche die gleiche Leistung mit einem geringeren Kraftaufwand bzw. mit dem gleichen Kraftaufwand eine größere Leistung ausführt; unter begünstigenden Umständen zieht die Seele selbst einem augenblicklich geringeren Kraftaufwand, mit welchem aber eine geringere Wirkungsgröße bzw.
Wirkungsdauer verbunden ist, eine zeitweilige Mehranstrengung vor, welche um soviel größere bzw. andauerndere Wirkungsvorteile verspricht."
schaft eine möglichst vollkommene Orientierung in den bezüglichen Erfahrungsgebieten, eine möglichst ökonomische Anpassung unserer Gedanken an sie bewirke. Er liebt es übrigens nicht (und wieder mit Recht), von einem Prinzip zu sprechen, sondern schlechthin von der "ökonomischen Natur" der wissenschaftlichen Forschung, von der
"denkökonomischen Leistung" der Begriffe, Formeln, Theorien, Methoden u. dgl.
Es handelt sich bei diesem Prinzip also nicht etwa um ein Prinzip im Sinne rationaler Theorie, um ein exaktes Gesetz, das fähig wäre, als Grund einer rationalen Erklärung zu fungieren
(wie die rein-mathematischen oder mathematisch-physikalischen Gesetze es können), sondern um einen jener wertvollen teleologischen Gesichtspunkte, welche in den biologischen Wissenschaften überhaupt von großem Nutzen sind und sich sämtlich dem allgemeinen Entwicklungsgedanken angliedern lassen.
Die Beziehung zur Selbsterhaltung und Gattungserhaltung liegt hier ja offen zutage. Das tierische Handeln wird bestimmt durch Vorstellungen und Urteile. Wären diese dem Verlauf der Ereignisse nicht hinreichend angepaßt, könnte vergangene Erfahrung nicht nutzbar gemacht, das Neue nicht vorausgesehen,
Mittel und Zwecke nicht angemessen zusammengeordnet werden — all das mindestens im groben Durchschnitt, im Lebenskreise der betreffenden Individuen und mit Beziehung auf die ihnen drohenden Schädlichkeiten oder ihnen günstigen Nützlichkeiten — so wäre eine Erhaltung nicht möglich. Ein Wesen von men
schenähnlicher Art, das ┌bloß┐
sich in der Erinnerung wieder zu vergegenwärtigen, und das in all diesen Erfahrungsakten durchschnittlichen Erfolges nicht sicher wäre — wie könnte das bestehen bleiben? Schon Hume hat in
leologien der geistigen Konstitution im einzelnen zu erforschen. Es ist sicherlich ein Gesichtspunkt von nicht minderer Fruchtbarkeit für die psychische Biologie, als er es für die physische schon längst ist.
Natürlich ordnet sich ihm nicht bloß die Sphäre des blinden,
sondern auch die des logischen, des wissenschaftlichen Denkens ein. Der Vorzug des Menschen ist der Verstand. Der Mensch ist nicht bloß überhaupt ein Wesen, das sich ┌wahrnehmend und erfahrend┐
schaulichen. In der begrifflichen Erkenntnis dringt er bis zu den strengen Kausalgesetzen durch, die es ihm gestatten, in ungleich größerem Umfange und mit ungleich größerer Sicherheit, als dies sonst möglich wäre, den Lauf der künftigen Erscheinungen vorauszusehen, den Verlauf der vergangenen zu rekonstruieren, die
möglichen Verhaltungsweisen der umgebenden Dinge im voraus zu berechnen und sie sich praktisch zu unterwerfen. "Science d’où prévoyance, prévoyance d’où action", so spricht es Comte treffend aus. Wie vieles Leiden der einseitig überspannte Erkenntnistrieb dem einzelnen Forscher, und gar nicht selten, bringen mag:
schließlich kommen ┌die┐
In dem eben Ausgeführten war nun von Ökonomie des Denkens allerdings noch keine Rede. Aber dieser Ge
der Anpassung fordert. Ein Wesen ist offenbar um so zweckmäßiger konstituiert, d.h. seinen Lebensbedingungen um so besser angepaßt, je schneller und mit je geringerem Kraftaufwand es jeweils die für seine Selbstförderung notwendigen oder günstigen Leistungen zu vollführen vermag. Angesichts irgendwelcher
schüssige Kraft übrig behalten, neuen Schädlichkeiten entgegenzutreten bzw. neue Nützlichkeiten zu realisieren. Natürlich handelt es sich hier um vage, nur roh aufeinander abgestimmte und von uns abzuschätzende Verhältnisse, aber immerhin um solche, über die sich hinreichend bestimmt reden läßt, und die, mindestens
innerhalb gewisser Gebiete, im großen und ganzen lehrreich abzuwägen sind.
Sicher gilt dies von dem Gebiete der geistigen Leistungen. Nachdem sie als erhaltungsfördernd erkannt sind, kann man sie unter dem ökonomischen Gesichtspunkt betrachten und die tat
sächlich bei dem Menschen realisierten Leistungen teleologisch prüfen. Man kann auch, sozusagen a priori, gewisse Vollkommenheiten als denkökonomisch empfohlen dartun und sie dann in den Formen und Wegen unseres Denkverfahrens — sei es allgemein, sei es bei den fortgeschritteneren Geistern oder in den Methoden
der wissenschaftlichen Forschung — als realisiert nachweisen. Jedenfalls eröffnet sich hier eine Sphäre umfangreicher, dankbarer und lehrreicher Untersuchungen. Das Gebiet des Psychischen ist eben ein Teilgebiet der Biologie, und so bietet es denn nicht nur Raum für abstrakt-psychologische Forschungen, die, nach Art
der physikalischen, auf das Elementargesetzliche abzielen, sondern auch für konkret-psychologische und speziell für teleologische Forschungen. Diese letzteren konstituieren die psychische Anthropologie als das notwendige Gegenstück der physischen, sie betrachten den
Menschheit und in weiterer Folge in derjenigen des gesamten irdischen Lebens.
Speziell auf die Sphäre der Wissenschaft angewendet, kann der denkökonomische Gesichtspunkt bedeutsame Resultate ergeben, er kann helles Licht werfen auf die anthropologischen Gründe der
gebracht werden. Vortrefflich sagt Mach in dieser Hinsicht: "Wer Mathematik treibt, ohne sich in der angedeuteten Richtung Aufklärung zu verschaffen, muß oft den unbehaglichen Eindruck erhalten, als ob Papier und Bleistift ihn selbst an Intelligenz überträfen."
Es ist hier folgendes zu bedenken. Zieht man in Erwägung, wie beschränkt die intellektuellen Kräfte des Menschen sind, und des näheren, wie eng die Sphäre ist, innerhalb welcher sich die noch vollverständlichen Komplikationen abstrakter Begriffe halten, und wie anstrengend schon das bloße Verstehen derartiger, in
eigentlicher Weise vollzogener Komplikationen ist; überlegt man weiter, wie wir in ähnlicher Weise in der eigentlichen Auffassung des Sinnes auch nur mäßig komplizierter Satzzusammenhänge beschränkt sind und erst recht im wirklichen und einsichtigen Vollzuge von nur mäßig komplizierten Deduktionen; überlegt
man ┌endlich┐
ernstes Problem, wie mathematische Disziplinen möglich sind, Disziplinen, in welchen nicht relativ einfache Gedanken, sondern wahre Türme von Gedanken und tausendfältig ineinandergreifenden Gedankenverbänden mit souveräner Freiheit bewegt und durch Forschung in immer sich steigender Komplikation geschaf
fen werden.
Das vermag Kunst und Methode. Sie überwinden die Unvollkommenheiten unserer geistigen Konstitution und gestatten uns
gesichert sind. Alle hierher gehörigen Künstlichkeiten (welche man im Auge zu haben pflegt, wo in einem gewissen prägnanten Sinne überhaupt von Methode die Rede ist) haben den Charakter von denkökonomischen Vorkehrungen. Sie erwachsen historisch und individuell aus gewissen natürlichen denkökonomi
schen Prozessen, indem die praktisch-logische Reflexion des Forschers sich die Vorteile dieser zum einsichtigen Verständnis bringt, sie nun vollbewußt vervollkommnet, künstlich verknüpft und ┌auf solche┐
chen sind. Also auf einsichtigem Wege und mit beständiger Rücksicht auf die Besonderheit unserer geistigen Konstitution
fall uneinsichtig, sozusagen mecha
Diese weitgehende Reduktion der einsichtigen auf mechanische Denkprozesse, wodurch ungeheure Umkreise auf direktem Wege unvollziehbarer Denkleistungen auf einem indirekten Wege be
wältigt werden, beruht auf der psychologischen Natur des signi-tiv-symbolischen Denkens. Dieses spielt seine unermeßliche Rolle nicht bloß bei der Konstruktion blinder Mechanismen — nach Art der Rechenvorschriften für die vier Spezies und ebenso für höhere Operationen mit dekadischen Zahlen, wo das Resultat
(evtl. mit Hilfe von Tabellen für Logarithmen, trigonometrische Funktionen u. dgl.) ohne jede Mitwirkung einsichtigen Denkens hervorspringt — sondern auch in den Zusammenhängen einsichtigen Forschens und Beweisens. Da wäre z.B. zu erwähnen die merkwürdige Verdoppelung aller rein mathematischen Be
griffe, wonach, im besonderen in der Arithmetik, die allgemein
Operationsformen bestimmt ist; ein jedes gilt nun als ein bloßes Irgendetwas, mit dem in diesen bestimmten Formen auf dem Papiere so und so hantiert werden darf.
kens und sogar Forschens ausschließlich maßgebend. Sie bedeuten eine ungeheure Erleichterung desselben, sie versetzen es aus den mühseligen Höhen der
Anstrengung betätigen kann; etwa so wie in geregelten Spielen.
Im Zusammenhang damit wäre auch darauf hinzuweisen, wie in den rein mathematischen Disziplinen die denkökonomische Abwälzung des eigentlichen Denkens auf das stellvertretende signitive, zunächst ganz unvermerkt, zu formalen Verallgemeine
rungen der ursprünglichen Gedankenreihen, ja selbst der Wissenschaften Anlaß gibt, und wie auf diese Weise, fast ohne eigens darauf gerichtete Geistesarbeit, deduktive Disziplinen von unendlich erweitertem Horizont erwachsen. Aus der Arithmetik, die ursprünglich Anzahlen- und Größenzahlenlehre ist, entsteht
so, und gewissermaßen von selbst, die verallgemeinerte, formale Arithmetik, in Beziehung auf welche Anzahlen und Größen nur noch zufällige Anwendungsobjekte und nicht mehr Grundbegriffe sind. Indem die vollbewußte Reflexion hier nun ansetzt, erwächst als weitere Extension die reine Mannigfaltigkeitslehre, die der
Form nach alle möglichen deduktiven Systeme in sich faßt, und für welche daher selbst das Formensystem der formalen Arithmetik einen bloßen Einzelfall darstellt.
Die Analyse dieser und ähnlicher Methodentypen und die vollgültige Aufklärung ihrer Leistungen bildet vielleicht das schönste und jedenfalls das am wenigsten angebaute Feld einer Theorie der Wissenschaft, zumal aber der so wichtigen und lehrreichen Theo
rie der deduktiven (der im weitesten Sinne mathematischen) Methodik. Mit bloßen Allgemeinheiten, mit vager Rede von der stellvertretenden Funktion der Zeichen, von kraftersparenden Mechanismen und dergleichen ist es hierbei natürlich nicht getan; es bedarf überall tiefgehender Analysen, es muß für jede typisch ver
schiedene Methode die Untersuchung wirklich ausgeführt und die ökonomische Leistung
Hat man den Sinn der hier zu lösenden Aufgabe klar erfaßt, so gewinnen auch die für das vor- und außerwissenschaftliche Den
ken zu lösenden denkökonomischen Probleme neues Licht und neue Form. Eine gewisse Anpassung an die äußere Natur erfordert die Selbsterhaltung; sie verlangt, sagten wir, die Fähigkeit, die Dinge in gewissem Maße richtig zu beurteilen, den Lauf der Ereignisse vorauszusehen, kausale Abfolgen richtig ┌zu schätzen┐
u. dgl. Aber wirkliche Erkenntnis von alldem vollzieht sich erst, wenn überhaupt, in der Wissenschaft. Wie können wir nun doch praktisch richtig urteilen und schließen ohne Einsicht, die im ganzen nur die Wissenschaft, die Gabe weniger, zu bieten vermag? Den praktischen Bedürfnissen des vorwissenschaftlichen Lebens
dienen ja manche sehr komplizierte und leistungsfähige Ver-fahrungsweisen — man denke nur an das dekadische Zahlensystem. Sind sie ┌auch┐
Endwert mit dem, was Einsicht verlangt, Zusammentreffen können.
┌Überlegungen, wie wir sie┐
4 Zusatz von B.
den Weg. Um die Teleologie der vor- und außerwissenschaftlichen Verfahrungsweisen aufzuklären, wird man ┌zuAuf diese Weise ist also die m.E. wohlberechtigte und frucht
bare Idee der Denkökonomik mit einiger Bestimmtheit klargelegt, in allgemeinen Zügen sind die Probleme, die sie zu lösen, und die Hauptrichtungen, die sie einzuschlagen hat, angedeutet. Ihr Verhältnis zur Logik, im praktischen Sinne einer Kunstlehre wissenschaftlicher Erkenntnis, ist ohne weiteres verständ
lich. Offenbar bildet sie ein wichtiges Fundament dieser Kunstlehre, sie gibt ja wesentliche Behelfe zur Konstitution der Idee von technischen Methoden menschlicher Erkenntnis, zu nützlichen Spezialisierungen solcher Methoden, ┌so wie┐
Soweit diese Gedanken mit denen R. Avenarius’ und E. Machs Zusammengehen, besteht keine Differenz, und ich kann
ihnen freudig zustimmen. Wirklich bin ich der Überzeugung, daß man zumal E. Machs historisch-methodologischen Arbeiten eine Fülle logischer Belehrung verdankt, und dies auch dort, wo man seinen Konsequenzen nicht durch
möchte, fruchtbarsten Probleme der deduktiven Denkökonomik nicht in Angriff genommen, die ich oben in etwas kurzer, aber wohl hinreichend bestimmter Fassung zu formulieren versuchte. Und daß er dies nicht getan hat, liegt zum Teil jedenfalls an den erkenntnistheoretischen Mißdeutungen, die er seinen Untersu
chungen glaubte unterlegen zu ┌müssen┐
Machs Lehre von der Denkökonomie, ┌so wie┐
gen zwar Licht auf die praktische Erkenntnislehre, auf die Methodologie der wissenschaftlichen Forschung, keineswegs aber auf die reine Erkenntnislehre, speziell auf die idealen Gesetze der reinen Logik geworfen werden kann. Im Gegenteil scheint es aber in den Schriften der Mach-Avenariusschen Schule auf eine
Erkenntnistheorie mit denkökonomischer Begründung abgesehen zu sein. Gegen eine solche Auffassung bzw. Verwertung der Denkökonomik wendet sich natürlich das ganze Arsenal von Einwänden, das wir oben gegen den Psychologismus und Relativismus angelegt haben. Die denkökonomische Begründung der Erkennt
nislehre führt ja schließlich auf die psychologische zurück, und so
tatsachen der Psychologie herzuleiten, die ihrerseits für die Ableitung dieses Prinzips selbst schon vorausgesetzt sind, und
rendes rationales Prinzip, sondern die bloße Zusammenfassung eines Komplexes von Anpassungstatsachen ist, der — ideell — einer letzten Reduktion auf Elementartatsachen und Elementargesetze harrt, gleichgültig, ob wir sie werden leisten können oder nicht.
Der Psychologie teleologische Prinzipien als "Grundgesetze" unterlegen in der Absicht, die verschiedenen psychischen Funktionen durch sie zu erklären, das eröffnet nicht die Aussicht auf eine Förderung der Psychologie. Sicherlich ist es belehrend, die teleologische Bedeutung der psychischen Funktionen und der
wichtigeren psychischen Gebilde nachzuweisen; also im einzelnen nachzuweisen, wie und wodurch die tatsächlich sich bildenden Komplexionen psychischer Elemente jene Nützlichkeitsbeziehung zur Selbsterhaltung besitzen, die wir a priori erwarten. Aber das deskriptiv Gegebene in der Weise als "notwendige Folgen"
solcher Prinzipien hinstellen, daß der Anschein einer wirklichen Erklärung erweckt wird, und überdies im Zusammenhange wissenschaftlicher Darstellungen, welche vorwiegend dazu bestimmt sind, die letzten Fundamente der Psychologie bloßzulegen, das kann nur Verwirrung stiften.
Ein psychologisches oder erkenntnistheoretisches Gesetz, das von einem Bestreben spricht, in dem oder jenem möglichst viel zu leisten, ist ein Unding. In der reinen Sphäre der Tatsachen gibt es kein Möglichstviel, in der Sphäre der Gesetzlichkeit kein Streben. In psychologischer Hinsicht geschieht in jedem Falle ein
Bestimmtes, genau so viel und nicht mehr.
Das Tatsächliche des Ökonomieprinzips reduziert sich darauf, daß es so etwas wie Vorstellungen, Urteile und sonstige Denkerlebnisse gibt und in Verknüpfung damit auch Gefühle, die in Form der Lust gewisse Bildungsrichtungen
te Erfahrungen bilden und dann weiter die Zusammenbildung der Erfahrungen zu der ┌einen┐
für uns alle gemeinsamen Welt und der empirisch-blinde Glaube an ihr Dasein. Aber man beachte wohl: diese Welt ist nicht für jeden genau dieselbe, sie ist es nur im großen und ganzen, sie ist es nur so weit, daß die Möglichkeit gemeinsamer Vorstellungen und Handlungen praktisch zureichend gewährleistet ist. Sie ist
nicht dieselbe für den gemeinen Mann und den wissenschaftlichen Forscher; jenem ist sie ein Zusammenhang von bloß ungefährer Regelmäßigkeit, durchsetzt von tausend Zufällen, diesem ist sie die von absolut strenger Gesetzlichkeit durchherrschte Natur.
Es ist nun sicherlich ein Unternehmen von großer wissenschaft
licher Bedeutung, die psychologischen Wege und Mittel nachzuweisen, durch welche sich diese für die Bedürfnisse des praktischen Lebens (für die der Selbsterhaltung) hinreichende Idee einer Welt als Gegenstand der Erfahrung entwickelt und festsetzt; in weiterer Folge die psychologischen Wege und Mittel nachzu
weisen, durch welche sich im Geiste der wissenschaftlichen Forscher und Forschergenerationen die objektiv angemessene Idee einer streng gesetzlichen Erfahrungseinheit mit ihrem sich immerfort bereichernden wissenschaftlichen Inhalt bildet. Aber erkenntnistheoretisch ist diese ganze Untersuchung gleichgültig. Höch
stens indirekt kann sie der Erkenntnistheorie von Nutzen sein, nämlich zu Zwecken der Kritik erkenntnistheoretischer Vorurteile, bei welchen es auf die psychologischen Motive ja durchaus ankommt. Die Frage ist nicht, wie Erfahrung, die naive oder wissenschaftliche, ent
objektiv gültige Erfahrung zu sein; die Frage ist, welches die idealen Elemente und Gesetze sind, die solche objektive Gültigkeit realer Erkenntnis (und allgemeiner: von Erkenntnis überhaupt)
anderen gegenüberstellt, mit dem sie ihre Welt als die objektivwahre behauptet. Die Psychologie will einsichtig erklären, wie die Welt Vorstellungen sich bilden; die Weltwissenschaft (als Inbegriff der verschiedenen Realwissenschaften) einsichtig erkennen, was realiter, als wahre und wirkliche Welt, ist; die Erkennt
nistheorie aber ┌will┐
Der Schein, daß wir es beim Sparsamkeitsprinzip mit einem, sei es erkenntnistheoretischen, sei es psychologischen Prinzip zu tun haben, liegt ┌der Hauptsache nach┐
vermerkt supponiert wird. Wir erkennen es einsichtig als höchstes Ziel und als ideal berechtigte Tendenz aller über bloße Beschreibung hinausgehenden Erklärung, daß sie die an sich "blinden" Tatsachen (zunächst die eines begrifflich umschriebenen Gebietes) unter möglichst allgemeine Gesetze ordnet und in
diesem Sinne möglichst rationell zusammenfaßt. Hier ist das "möglichst viel" der "zusammenfassenden" Leistung völlig klar: es ist das Ideal der durchgreifenden und allbegreifenden Rationalität. Ordnet sich alles Tatsächliche nach Gesetzen, so muß es einen kleinsten Inbegriff möglichst allgemeiner und deduktiv
voneinander unabhängiger Gesetze geben,
Subsumtion vorausgesetzt wird). So erklären oder befassen die geometrischen Axiome als Grundgesetze die Gesamtheit der räumlichen Tatsachen; jede allgemeine Raumwahrheit (m.a.W. jede geometrische) erfährt durch sie eine evidente Reduktion auf ihre letzterklärenden Gründe.
Dieses Ziel bzw. Prinzip größtmöglicher Rationalität erkennen wir also einsichtig als das höchste der rationalen Wissenschaften. Es ist evident, daß die Erkenntnis allgemeinerer Gesetze als jener, die wir jeweils schon besitzen, wirklich das Bessere wäre, sofern sie eben auf tiefere und weiter umfassende Gründe ┌zurückleite
ten┐
größtmöglicher Rationalität mit einer biologischen Anpassungstendenz zu identifizieren oder aus ihr abzuleiten, ihr dann noch die Funktion einer psychischen Grundkraft aufzuladen — das ist eine Summe von Verirrungen, die nur in den psychologistischen Mißdeutungen der logischen Gesetze und in deren Auffassung als
Naturgesetze ihre Parallele findet. Zu sagen, unser psychisches Leben werde durch dieses Prinzip faktisch regiert, das widerspricht auch hier der offenkundigen Wahrheit; unser faktisches Denken läuft eben nicht nach Idealen — als ob überhaupt Ideale so etwas wie Naturkräfte wären.
Die ideale Tendenz des logischen Denkens als solchen
rational denken sollen, und meint er überhaupt, den objektiven Wert und Sinn rationaler Wissenschaft aufgeklärt zu haben. Ge
Vergleich des tatsächlichen Denkens mit der einsichtig erkannten idealen Norm, die sonach das πρότερον τῇ φύσει ist. Die ideale Geltung der Norm ist die Voraussetzung jeder sinnvollen Rede von Denkökonomie, also ist sie kein mögliches Erklärungsergebnis der Lehre von dieser Ökonomie. Wir messen das em
pirische Denken am idealen und konstatieren, daß ersteres in einigem Umfange faktisch so verläuft, als ob es von den idealen Prinzipien einsichtig geleitet wäre. Demgemäß sprechen wir mit Recht von einer natürlichen Teleologie unserer geistigen Organisation als von einer Einrichtung derselben, der zufolge unser Vor
stellen und Urteilen im großen und ganzen (nämlich für die durchschnittliche Lebensförderung genügend) so verläuft, als ob es logisch geregelt wäre. Die wenigen Fälle wirklich einsichtigen Denkens ausgenommen, trägt es in sich selbst nicht die Gewähr logischer Gültigkeit, es ist nicht in sich einsichtig oder indirekt
von vorgängiger Einsicht zweckvoll geordnet. Aber es ist faktisch von einer gewissen scheinbaren Rationalität, es ist so, daß wir Denkökonomen, über die Wege des empirischen Denkens reflektierend, einsichtig nachweisen können, daß solche Denkwege überhaupt Ergebnisse liefern müssen, die mit den streng logischen
— im rohen Durchschnitt — Zusammentreffen; wie wir dies oben erörtert haben.
Man erkennt also das ὕστερον πρότερον. Vor aller
hänge, was Grundgesetze und abgeleitete Gesetze u. dgl. idealiter sind und leisten, ehe wir die denkökonomische Funktion ihrer Erkenntnis erörtern und abschätzen können. Allerdings haben wir gewisse vage Begriffe von diesen Ideen schon vor ihrer wissenschaftlichen Erforschung, und so mag denn auch von Denkökono
mie die Rede sein vor dem Ausbau einer Wissenschaft der reinen Logik. Aber die wesentliche Sachlage wird dadurch nicht geändert, an sich geht die reine Logik aller Denkökonomik vorher, und es bleibt Widersinn, jene auf diese zu gründen.
Noch eines. Selbstverständlich verläuft auch alles wissenschaft
eine bloße "Fortsetzung" der natürlichen und blinden darstellen zu können. Man mag immerhin, obschon dies nicht ganz unbedenklich ist, von "natürlichen" wie von logischen Theorien sprechen. Dann darf man aber nicht übersehen, daß die logische Theorie im wahren Sinne keineswegs dasselbe tut, nur in einiger
Steigerung tut, wie die natürliche. Sie hat nicht dasselbe Ziel — oder vielmehr: sie hat ein Ziel, und in die "natürliche Theorie" tragen wir es erst hinein. An den logischen und eigentlich so zu nennenden Theorien messen wir, wie oben gezeigt, gewisse natürliche (und das heißt hier uneinsichtige) Denkprozesse, die wir
natürliche Theorien nur darum nennen, weil sie psychologische Ergebnisse zeitigen, die so sind, als ob sie logisch einsichtigem Denken entsprossen, als ob sie wirklich Theorien wären. Unwillkürlich verfallen wir mit dieser Benennung aber in den Fehler, die wesentlichen Eigenheiten wirklicher Theorien solchen "natür
lichen" zu unterschieben, das eigentlich Theoretische sozusagen in sie hineinzuschauen. Als
sammenhang, der in ihr waltet; während, was hier natürliche Theorie heißt, ein Verlauf zufälliger Vorstellungen oder Überzeugungen ist, ohne einsichtigen Zusammenhang, ohne bindende Kraft, aber praktisch von einer durchschnittlichen Nützlichkeit, als ob so etwas wie Theorie zugrunde läge.
Die Irrtümer dieser denkökonomischen Richtung entspringen schließlich daraus, daß das Erkenntnisinteresse ihrer Vertreter — wie der Psychologisten überhaupt — an der empirischen Seite der Wissenschaft hängen bleibt. Sie sehen gewissermaßen vor lauter Bäumen den Wald nicht. Sie mühen sich mit der Wissen
schaft als biologischer Erscheinung und merken nicht, daß sie das erkenntnistheoretische Problem der Wissenschaft als einer idealen Einheit objektiver Wahrheit gar nicht berühren. Die vergangene Erkenntnistheorie, die im Idealen noch ein Problem sah, gilt ihnen als Verirrung, die nur noch in einer Weise ein würdiger Gegen
me und Hauptrichtungen zur philosophischen Mode zu werden droht, um so mehr muß die
Denkrichtungen in den Sphären des Realen und Idealen, jene einsichtige Klärung anzubahnen, welche die Voraussetzung für eine endgültige Fundamentierung der Philosophie ist. Und dazu hofft auch die vorhegende Schrift ein Kleines beizutragen.
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