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pp. 261-262
Husserl, Edmund, Logische Untersuchungen. Erster Teil: Prolegomena zur reinen Logik. Halle a. S., Max Niemeyer,
Die Prolegomena zur reinen Logik, welche den einleitenden Teil der Logischen Untersuchungen bilden, wollen einer neuen Auffassung und Behandlung der Logik den Weg bahnen. Sie versuchen zu zeigen, daß die ausschließlich psychologische Fundierung der Logik, welcher unsere Zeit so großen Wert beimißt, auf einer
Vermengung wesentlich verschiedener Problemschichten, auf prinzipiell irrigen Voraussetzungen über den Charakter und die Ziele zweier hier beteiligten Wissenschaften — der empirischen Psychologie und der reinen Logik — beruhe. In eingehenden Analysen werden die erkenntnistheoretischen und zumal die skep
tischen Unzuträglichkeiten, welche der psychologistischen Logik notwendig anhaften, bloßgelegt und dabei auch der Nachweis geführt, daß in der Verkennung der wesentlichsten Fundamente und Probleme die inadäquate Behandlungsweise der bisherigen Logik, ihr Mangel an Klarheit und theoretischer Strenge gründe. Gegen
den herrschenden Psychologismus gewendet, suchen die Prolegomena also die Idee einer reinen Logik neu zu beleben, aber auch neu zu gestalten. Sie führen zur Abgrenzung einer theoretischen von aller Psychologie und Tatsachenwissenschaft unabhängigen Wissenschaft, welche in ihren natürlichen Grenzen die gesamte
reine Arithmetik und Mannigfaltigkeitslehre mit umfaßt. Ihr Verhältnis zur Logik als Methodologie, als Kunstlehre des
reinen Logik finden sich die wesentlichsten theoretischen Fundamente der logischen Kunstlehre.
Diese reine Logik ist nichts weniger als eine bloße Erneuerung der traditionellen formalen Logik, oder auch der reinen Logik der Kantschen und Herbartschen Schulen. Läßt der Verf
diese letzteren und noch nicht vergessenen Bestrebungen auch als wertvolle Vorstufen gelten, so fehlt es ihnen, nach seiner Überzeugung, an hinreichender Klarheit über die Ziele und Grenzen der fraglichen Disziplin; sie verbleiben noch in unsicherem Schwanken zwischen theoretischen und praktischen, psycholo
gistischen und rein idealen Tendenzen.
Die reine Logik ist das wissenschaftliche System der idealen Gesetze und Theorien, welche rein im Sinne der idealen Bedeutungskategorien gründen, d.h. in den fundamentalen Begriffen, welche Gemeingut aller Wissenschaften sind, weil sie in allge
meinster Weise das bestimmen, was Wissenschaften in objektiver Hinsicht überhaupt zu Wissenschaften macht, nämlich Einheit der Theorie. In diesem Sinne ist die reine Logik die Wissenschaft von den idealen "Bedingungen der Möglichkeit", von Wissenschaft überhaupt, oder von den idealen Konstituentien der Idee
Theorie.
Eine ausreichende Klärung der reinen Logik, also eine Klärung ihrer wesentlichen Begriffe und Theorien, ihrer Beziehung zu allen anderen Wissenschaften und der Art, wie sie diese regelt, erfordert sehr tiefgehende phänomenologische (d.h. rein
deskriptiv-, nicht genetisch-psychologische) und erkenntnistheoretische Untersuchungen. Man kann sagen, daß diese Aufgabe einer erkenntnistheoretischen Aufklärung der Logik sich in der Hauptsache mit der kritischen Aufklärung von Denken und Erkennen überhaupt, also mit der Erkenntnistheorie selbst deckt.
Im II. Teile folgen nun phänomenologische und erkenntnistheoretische Einzeluntersuchungen, welche die Hauptprobleme einer Aufklärung von Logik und logischem Denken zu lösen suchen.
Die Prolegomena sind textlich seit Ende November 1899 gedruckt und kommen infolge zufälliger Umstände sehr verspätet 40 zur Ausgabe. Der II. Teil ist im Druck und wird noch in diesem Winter ausgegeben werden.
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